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Die Dorfkirche im Ostseebad Göhren

Kirche im Ostseebad Göhren

Bis zum Beginn des Bäderbetriebs und der Entwicklung Göhrens zu einem eigenständigen Seebad bestand der Ort fast ausschließlich aus Bauern- und Fischerhäusern. Am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Rügen Hotels, die Schmalspurbahn „Rasender Roland“ wurde gebaut, die ersten Badegäste kamen und der Ort begann zu wachsen. 1901 zählte man bereits 6800 Badegäste.

1890 hatte Pfarrer Spoerel die Idee eine Waldkirche zu errichten. Sein Nachfolger Pastor Medenwald verfolgte diese Idee weiter und so gab es 1898 den ersten Waldgottesdienst. Die erste Kirche bestand nur aus ein paar überdachten Bankreihen für die Gemeinde und einer überdachten Kanzel für den Pfarrer. Sie stand damals dort , wo sich heute das Kriegerdenkmal befindet (neben dem Hauptabgang zur Kurpromenade).

In dieser Zeit gehörte Göhren noch zur Kirchengemeinde Middelhagen. Erst seit 1913 ist das Ostseebad Göhren eine eigenständige Kirchengemeinde mit Gemeindekirchenrat und Friedhof. Und man begann umgehend, eine richtige Kirche zu planen.

Bedingt durch den ersten Weltkrieg und die Inflation konnten diese Baupläne zunächst nicht in die Tat umgesetzt werden. Erst 1929 war dann die Grundsteinlegung und als Standort wurde der Speckbusch ausgewählt, ein Hügel südlich des Ortes mit einem Hügelgrab aus der Bronzezeit (2200 bis 1200 v. Chr.). Von hier aus hat man eine wunderbare Aussicht über die Boddenlandschaft der Halbinsel Mönchgut.

Der Bau

Binnen eines Jahres entstand hier nach Plänen des Berliner Architekten Peter Jürgensen (1873-1954) ein Kirchenbau, der durch den Backstein, die massiven Wände, die Rundbögen und besonders durch die, wie ein Doppelturm wirkende, Nordfassade an romanische Vorbilder erinnert. Am 16.05.1930 wurde die Kirche eingeweiht.

Die Orgel

Auf der Empore steht die Orgel. Es ist die erste digitale Konzertorgel auf der Insel Rügen. Sie wurde im Frühjahr 2002 von der Firma Hoffrichter aus Salzwedel gebaut und hat 30 Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedale. Hinter der Orgel befindet sich ein kleiner Gemeinderaum, der für den Kindergottesdienst und andere Veranstaltungen genutzt wird. Nicht von unten zu sehen, aber ebenfalls älter als die Kirche selber, sind die drei Glocken. Sie wurden 1924 angeschafft und standen zunächst in einem Glockenstuhl vor dem Altersheim.

Innenansicht Kirche Göhren
Bleiglasfenster in der Kirche von Göhren

Der Innenraum

Der Innenraum der Kirche ist ein schlichter Saalbau. Eindrucksvoll sind die Buntglasfenster im Altarraum. Auf dem linken Fenster sind die Worte „Herr, hilf uns.“ und „Euch ist heute der Heiland geboren.“ zu lesen. Auf dem rechten Fenster steht „Es ist vollbracht.“ und „Ich lebe und ihr sollt auch leben.“ Elisabeth Kübler Ross hat einmal gesagt, dass auch wir Menschen wie solche Fenster sind: Wenn die Sonne scheint, strahlen wir in allen Farben, aber wenn die Nacht kommt, kann nur ein Licht im Innern uns erleuchten. Die Figuren auf dem Altar wurden von Ferdinand Stufflesser aus St. Ulrich (heute Ortisei) in Südtirol geschnitzt. Die Verbindung zum Mönchgut brachte der Künstler dadurch zum Ausdruck, dass er Maria und Johannes in der traditionellen Mönchguter Tracht dargestellt hat, einer Tracht, die noch bis ins 20. Jahrhundert auf Mönchgut getragen worden ist. Die Frau hält das Gesangbuch in der Hand und der Mann trägt ein Fischernetz über dem Arm. Sie sind damit Symbolfiguren für die alte Mönchsregel „Ora et labora“, zu deutsch: „Bete und arbeite!“. Ungewöhnlich ist ein weiteres Ausstattungsstück über dem Mittelgang der Kirche – ein Votivschiff: Es handelt sich dabei um das Modell einer Bark mit dem Namen „Seeadler“. Der Göhrener Paul Strübing hat das Schiff 1913 gebaut und 1935 der Kirche geschenkt. Es ist also älter als die Kirche selber. Der Name „Votivschiff“ leitet sich von dem lateinischen Wort „ex-voto“ bzw. „votum“ ab, was soviel wie „Gelübde“ bedeutet. In früheren Zeiten waren solche Schiffe (oder auch andere Gaben) mit dem Gelübde eines Seemanns verbunden. Dieser hatte – zumeist in einer Notsituation – gelobt, der Kirche eine besondere Gabe zu stiften, wenn er die Notlage heil überstehen sollte. Dieser Brauch war ursprünglich in vielen Küstenländern vom Mittelmeer bis hin zur Ostsee weit verbreitet. Später wurden solche Schiffe aber auch einfach zur Zierde in der Kirche aufgehängt. Oder sie wurden und werden von Personen oder Vereinen gestiftet, die dadurch der Nachwelt in Erinnerung bleiben möchten.